Religionen im SchulalltagWie? Auch kein Wasser? Ein Leitfaden für Lehrkräfte zum Ramadan
Es ist wieder soweit: Ein paar unserer sonst so energiegeladenen Schülerinnen und Schüler wirken etwas müder als sonst, die Pausen sind ruhiger – und nein, es liegt nicht (nur) an dem letzten Mathe-Leistungsnachweis. Vom 1. bis zum 30. März ist Ramadan, die muslimische Fastenzeit. Für Lehrkräfte kann das eine interessante Erfahrung sein – und mit der richtigen Einstellung sogar eine entspannte. Kein lautes Fluchen auf dem Schulhof, eine etwas besinnlichere Stimmung in der Klasse … nur ohne meinen Kaffee (auf den ich verzichte, während ich faste) kann ich die besinnliche Stimmung nicht wirklich wertschätzen. Aber gut, man wächst ja an seinen Herausforderungen.
Natürlich könnte man jetzt das große „Warum fasten Menschen überhaupt?“-Fass aufmachen. Aber manchmal ist es angenehmer, einfach hinzunehmen, dass Dinge so sind, wie sie sind und pragmatisch damit umzugehen. Genau das haben wir uns an unserer Schule dieses Jahr vorgenommen. Unser Motto: Transparenz schaffen!
Dementsprechend haben wir uns vorab mit folgenden Fragen auseinandergesetzt: Was bedeutet der Ramadan eigentlich? Warum fasten Menschen aus religiösen Gründen? Was sind die relevanten Eckpunkte für den Schulalltag? Welche Formen des Fastens gibt es und wie sieht es mit gesundheitlichen Aspekten aus?
Diesen Fragen wollen wir uns hier und in der im Download-Block verfügbaren SchiLF (Schulinterne Lehrerfortbildung) widmen – sachlich, informativ und mit dem Ziel, das Miteinander an unserer Schule zu stärken. Denn am Ende ist es wie mit jeder Tradition: Wer sie besser versteht, kann gelassener und wertschätzender damit umgehen.
- 1 Was bedeutet Ramadan? Ramadan heißt der Monat, in dem gläubige Musliminnen und Muslime fasten und ist – neben dem Glaubensbekenntnis, dem Gebet, der Almosengabe und der Pilgerfahrt – eine der fünf Säulen des Islam. Er soll Gläubige an Geduld, Selbstdisziplin und Dankbarkeit erinnern. Es geht dabei nicht nur ums Essen (oder besser gesagt: ums Nicht-Essen), sondern auch darum, sich innerlich zu reinigen – also weniger Schimpfwörter zu benutzen, mehr Selbstreflexion zu betreiben und die eigene Spiritualität zu erforschen. Im besten Fall führt das zu einer friedlicheren Atmosphäre, im schlimmsten Fall zu gelegentlichem Grummeln aus leeren Mägen.
- 2 Wie wird der Ramadan durchgeführt? Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wird weder gegessen noch getrunken – ja, auch kein Wasser und nein, nicht mal ein klitzekleiner Schluck. Das klingt erstmal wie ein Hardcore-Willensstärke-Training, aber viele Fastende sagen, dass der Körper sich erstaunlich schnell daran gewöhnt. Abends wird das Fasten dann traditionell mit Datteln und Wasser gebrochen – und was danach folgt, ist oft ein Festmahl, das die Tagespause mehr als wettmacht.
- 3 Welche Formen des Fastens gibt es? Nicht alle Musliminnen und Muslime fasten gleich – Kinder, Kranke, Reisende und Schwangere sind beispielsweise ausgenommen. Manche fasten streng von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, andere können bestimmte Regelungen nutzen, um das Fasten für sich machbar zu gestalten. Heißt: Nicht wundern, wenn eine Schülerin oder ein Schüler mittags doch etwas isst – das ist kein Regelbruch, sondern möglicherweise einfach eine Ausnahme (Kinderfasten).
- 4 Wie sieht es mit gesundheitlichen Aspekten aus? Fasten kann für viele Menschen eine körperliche Herausforderung sein – der Körper stellt sich um, der Kreislauf muss sich anpassen und die Laune kann zeitweise auf Abenteuerreise gehen. Wichtig ist, dass Schülerinnen und Schüler sich nicht überfordern und auch selbst wissen, wann eine Pause nötig ist. Und ja, kein Wasser tagsüber klingt für viele erstmal unvorstellbar – aber wenn man vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang ausreichend hydriert, ist es kein Problem.
- 5 Was sind die relevanten Eckpunkte für den Schulalltag? Fastende Schülerinnen und Schüler nehmen oft nicht am Pausensnack teil, haben möglicherweise weniger Energie im Sportunterricht und könnten am Nachmittag etwas erschöpft wirken – kein Grund zur Panik, sondern einfach zum Verständnis. Im Ganztag verzichten die jüngeren Schülerinnen und Schüler auch hin und wieder auf das Essen. Für eine bessere Übersicht empfiehlt sich vorab eine Abfrage per Elternbrief, damit die Lehrkraft weiß, welches Kind verzichtet und welches nicht.
Grundsätzlich gilt: Der Ramadan bietet Gelegenheit, Toleranz und gegenseitiges Verständnis zu stärken. Durch respektvolles Miteinander und interreligiösen Austausch können wir voneinander lernen und Brücken bauen. So wird Vielfalt zu einer Bereicherung für unsere Gemeinschaft.
Weitere relevante Informationen mit konkreten Daten und Terminen findet ihr in der angehängten SchiLF. Diese wurde gemeinsam von Lehrkräften der Joseph-von-Fraunhofer-Schule entwickelt und für das Kollegium durchgeführt. Ein besonderer Dank gilt dabei Frau Mihriban Öbek (StRin) und Frau Zeliha Kacar (StRin).

Aylin Qasim
Aylin Qasim unterrichtet Deutsch und Geschichte an einer Münchner Realschule und berichtet regelmäßig über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dem Lehrerinnenalltag.