Lesen und SchreibenVon Null-Bock zum Seitenfüller: So lässt sich die Schreib- und Leselust entfachen
In den letzten Schulferien habe ich mit großem Tamtam verkündet, dass ich absolut nichts tun würde – außer auf der Couch zu liegen und Mario Kart zu zocken. Zum Glück hatte ich so viel vorgearbeitet, dass ich tatsächlich mal Ferien ohne Korrekturen oder irgendwelche Vorbereitungen hatte. Dann lag ich auch wie geplant auf besagter Couch, starrte Löcher in die Luft und fühlte mich ungefähr so produktiv wie meine vor sich hinwelkende Topfpflanze. Während meine Gedanken kreisten, fiel mir auf, dass mein Leben in der Schule eigentlich genug Material für einen Roman bieten würde. Meine innere, skeptische Kritikerin lachte zwar laut, aber mein Ego war lauter. Und ehe ich mich versah, hatte ich meinen Laptop auf dem Schoß und fing an zu tippen …

Ich liebe es, wenn mein privates Leben mit meinem Beruf thematisch Hand in Hand geht. Die gesamten Ferien über hing ich an dem Konzept meines Romans, bis mich mein Smartphone daran erinnerte, dass es Zeit für meinen nächsten Schule in Bayern-Blogbeitrag war. Ich schmunzelte, als ich das Überthema „Lesen und Schreiben“ sah und sofort sprudelten die Ideen über. Lesen und Schreiben wollen nicht gelernt, sondern gemocht sein. Mit unseren Schülerinnen und Schülern verhält es sich ähnlich und als Deutschlehrkraft ist mir die Tatsache bewusst, dass sowohl das Lesen als auch das Schreiben nur dann gerne gemacht werden, wenn ein gewisses Grundinteresse besteht. Genau hier liegt die Kunst: Die Schülerinnen und Schüler nicht nur zum Üben zu bewegen, sondern echte Lesemomente und Schreibfreude zu schaffen. Klar ist: Inspiration und intrinsische Motivation sind ausschlaggebend für diese Lernbereiche (Beispiel: LehrplanPLUS - Realschule - 5 - Deutsch - Fachlehrpläne). Es gibt aber zahlreiche Methoden, die Schreibkreativität und Leselust zu fördern – und ich bewege mich absichtlich weg von den klassischen Wegen, um dadurch eher den Zeitgeist zu treffen. Welche das sind, liste ich hier auf:
Kombinierte Methoden zur Lese- und Schreibförderung
- 1 Fanfictions und alternative Enden Bekannte Filme oder Serien wie Mea Culpa (sowohl der Film als auch das Buch) als Vorlage nehmen und den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe geben, ein alternatives Ende zu schreiben. Sie können die Handlung nach eigenen Vorstellungen umgestalten, Charaktere neu entwickeln oder sogar die Perspektive wechseln. Diese Methode fördert das kritische Denken und regt dazu an, die Strukturen von Geschichten zu hinterfragen sowie kreativ zu verändern.
- 2 Zum (Star-)Autor von morgen werden Schülerinnen und Schüler können auf Webseiten wie Wattpat, Bookrix oder Belletristica eigene Geschichten verfassen und dafür kreative Vorlagen nutzen. Diese Plattformen bieten eine riesige Vielfalt an Genres und Themen, sowohl zum Lesen als auch zum Schreiben, die gerade bei Jugendlichen sehr gut ankommen. So können sie sich in der Welt der modernen, oft jugendlichen Erzählweise austoben und dabei spielerisch ihre Schreibfähigkeiten verbessern.
- 3 Authentische Tagebucheinträge Einen Tagebucheintrag über einen richtig blöden Schultag verfassen, dabei aber bestimmte Fachbegriffe und Umgangssprache einbauen. So üben die Schülerinnen und Schüler Schreibstile, ohne dass es nach Schulaufgabe klingt. Dabei ist es wichtig, dass der Kreativität keine Grenzen gesetzt werden.
- 4 Booktok-Trends aufgreifen Aktuelle Buch-Hypes von TikTok und Instagram diskutieren und eigene Buchrezensionen im Stil von „Wer würde das lesen?“ verfassen.
- 5 Dialoge schreiben wie in Serien Gespräche aus einer Lieblings-Serie nachstellen oder eigene Szenen entwickeln – ideal, um direkten Redestil zu üben. Beispiele für beliebte Serien: Vampire Diaries, Gossip Girl, Peaky Blinders.
- 6 Memes als Schreibanlässe Aus lustigen Memes eigene kurze Texte entwickeln: schnell, kreativ und nah am Alltag der Schülerinnen und Schüler. Aktuelle, gesellschaftspolitische Situationen geben immer guten Stoff her. Dies kann man auch im Rahmen des Geschichtsunterrichts einsetzen (Stichwort „fächerübergreifende Schreibförderung“).
Erwähnenswert sind außerdem die folgenden Informationen, falls meine Ideen noch zu unausgereift oder für eure Bedürfnisse nicht passend waren:
- Leseförderprogramme
Das kostenlose, web-basierte Leseförderungsprogramm Lepion kombiniert das Lesen von Büchern mit interaktiven Online-Fragen, die das Textverständnis und die Leselust der Schülerinnen und Schüler steigern sollen. Ich nutze das Programm gerne für leseunmotivierte 5. Klässler.
Die Fachintegrierte Leseförderung Bayern (kurz FiLBY) richtet sich zwar an in erster Linie an Grundschülerinnen und -schüler, bietet aber ebenfalls viele hilfreiche Informationen sowie die Möglichkeit, die Sachtexte herunterzuladen. Die Materialien können aber – natürlich im eigenen pädagogischen Ermessen – auch für Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse verwendet werden. Außerdem hat mir ein Vögelchen gezwitschert, dass FiLBY-Material, das sich spezifisch an die Jahrgangsstufen 5 und 6 richtet, aktuell erarbeitet wird, aber ppssstt!
- Lesungen und Autorenbegegnungen
Der Friedrich-Bödecker-Kreis, der sich der Leseförderung von Kindern und Jugendlichen widmet, organisiert durch seine Landesverbände in Bayern Autorenbegegnungen, Lesungen und weitere Veranstaltungen, die das Interesse am Lesen wecken und die Lesekompetenz fördern sollen. Nennenswert ist auch die Broschüre „Die Superkraft der Bücher“, die man kostenlos downloaden kann: Die_Superkraft_der_Buecher.pdf
Außerdem bieten viele lokale Bibliotheken und Kulturzentren in Bayern Programme und Projekte zur Leseförderung an, die oft in Zusammenarbeit mit Schulen durchgeführt werden. Es empfiehlt sich, die jeweiligen Angebote der örtlichen Einrichtungen zu prüfen und in den Unterricht zu integrieren.
Der Funke muss überspringen
Es gibt kein Wundermittel, das plötzlich die Lese- und Schreiblust anregt. Vielmehr geht es darum, den richtigen Moment der individuellen Inspiration, Reflexion und Motivation zu schaffen – den Moment, in dem ein Schüler oder eine Schülerin plötzlich das Bedürfnis verspürt, ein Buch in die Hand zu nehmen oder nach dem Stift zu greifen, um eine eigene Geschichte zu erschaffen. Es lässt sich teilweise erlernen, doch wahrscheinlicher ist es, dass einen die Muse irgendwann unverhofft küsst. Und wenn es so weit ist, kann man nur dankbar sein, weil es dieser Moment ist, der nicht nur das Interesse weckt, sondern auch die Tür öffnet, hinter der Welten von Kreativität und Wissen auf einen warten.
Als Lehrkraft zählt es zu meiner persönlichen Herausforderung, den Funken in einem Kind immer wieder zu entfachen, bis er schließlich von selbst brennt. In diesem Sinne verabschiede ich mich von diesem schriftstellerischen Meisterwerk hier, um mich wieder meinem Funken zu widmen. Vielleicht kann man meinen Roman irgendwann mal auf Amazon bestellen ...

Aylin Qasim
Aylin Qasim unterrichtet Deutsch und Geschichte an einer Münchner Realschule und berichtet regelmäßig über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dem Lehrerinnenalltag.