Bildung für nachhaltige EntwicklungSprechende Bäume – der Wald kommt an die Franziskus-Schule
Die Idee: CO2 Kompensation, aber richtig!
Schon früh während unseres Bewerbungsprozesses als Klimaschule wurde uns klar, dass es für unsere Schulgemeinschaft an vielen Stellen schwierig werden würde, CO2 einzusparen. Zum Beispiel im Bereich Mobilität. Er bietet bei uns sehr wenig Spielraum für Veränderung, da unser Schulsprengel sich auf den gesamten Landkreis Augsburg Nord-West bezieht. So haben einige der Kinder und Jugendlichen einen Anfahrtsweg von bis zu 20 Kilometer, der mit privaten Bussen zurückgelegt werden muss.
Auch im Bereich Heizung sind wir an die Gegebenheiten unseres Schulhauses gebunden. Leider verbrauchen wir beim Heizen sehr große Mengen an CO2. Diese einzusparen erweist sich bisher als schwierig. So führten auch die eingebauten Regler in diesem Schuljahr zu großem Unmut, da die Temperatur im Klassenzimmer nicht mehr eingestellt werden konnte und so oft nicht zum Wetter oder der Situation der Kinder passte.
Aus diesem Grund nahmen wir mit unserem zuständigen Revierförster Herr Miehler Kontakt auf und erhofften uns, durch Baumpflanzaktionen CO2 kompensieren zu können. Sehr schnell holte uns jedoch Herr Miehler auf den Boden der Tatsachen zurück. Er erklärte uns, dass ihm seine langjährige Erfahrung mit einmaligen Waldbesuchen gezeigt hätte, dass diese zwar beeindruckende Erfahrungen für die Kinder seien, leider doch wenig nachhaltig im Gedächtnis verankert werden würden. Auch eine einmalige Aktion, bei der Bäume gepflanzt werden, halte er für wenig effektiv. So könne man an vielen Stellen beobachten, dass Baumpflanzaktionen bestenfalls das schlechte Gewissen der Menschen beruhigen, jedoch nicht zu einer nachhaltigen Verhaltensveränderung führen.
Eine nachhaltige Verhaltensänderung sehen wir jedoch als unser langfristiges Erziehungsziel an und sehen uns als Bildungsinstitution auch in der Verantwortung, in unserer gesamten Schulgemeinschaft ein Umdenken zu bewirken. Wir wollen, dass Klimaschutz als Selbstverständlichkeit gelebt wird. So erarbeiteten wir gemeinsam mit Herrn Miehler ein Konzept für nachhaltiges Lernen in Bezug auf die Themen Wald, Bäume, Natur- und Klimaschutz.
Das Konzept: Der Wald kommt an die Schule
Statt also einmalige Waldbesuche und Baumpflanzaktionen durchzuführen, beschlossen wir, mit den Klassen Bäume zu adoptieren. Die Bäume werden von Patenklassen während ihrer gesamten Schullaufbahn betreut. Somit werden die Kinder gemeinsam mit ihren Bäumen „groß“. Das Ziel dieser Aktion ist es, dass unsere Schülerschaft eine intensive Beziehung und ein tiefgreifendes Verantwortungsgefühl zur Natur entwickelt.
Die größte Herausforderung ist hierbei, dass die Lebewesen unserer Erde, die am meisten unter dem Klimawandel leiden, keine Stimme haben und sich uns nicht mitteilen können. Deshalb ist es für uns Menschen schwer, mit Pflanzen echte Empathie zu empfinden. Wir können zwar beobachten, dass große Teile des bayrischen Waldes sterben, dies sind jedoch sehr langfristige Prozesse und mit dem menschlichen Zeitgefühl gerade für Laien nur schwer nachvollziehbar. Aus diesem Grund haben wir uns Möglichkeiten überlegt, den Bäumen eine Stimme zu verleihen und so eine Art von Kommunikation herzustellen.
Zusammen mit der AG Digitales und der Medien AG unserer Schule haben wir verschiedene Möglichkeiten entwickelt, den Bäumen mit modernen Medien und technischen Spielereien eine Stimme zu verleihen. Hierbei waren die sogenannten „Talking Trees“ unsere Vorbilder.
Bei der Auswahl der Bäumchen konnten wir auf die Unterstützung des Revierförsters zurückgreifen. Er erklärte uns, dass viele unserer heimischen Bäume im Wald bereits im Jahr 2032 unter den dann herrschenden klimatischen Bedingungen nicht mehr leben können werden. Wir brauchen dann sogenannte „Migranten“, die eine Durchschnittstemperatur von 12 Grad und die kalten Winter gut überstehen können. Solche Einwanderer können wir zum Beispiel in Syrien oder Afghanistan finden. Mit der Pflanzung dieser Bäume können wir als Schule zur Entstehung des „Zukunftswaldes“ beitragen und dem bayrischen Wald helfen, sich dem neuen Klima anzupassen.
Im Video wird euch nochmal das Konzept der „sprechenden Bäume“ erklärt:

Die Umsetzung
Im ersten Schritt werden die Stecklinge von den Kindern in große Töpfe eingepflanzt, die dann auf unserem Schulgelände einen festen Platz finden. Bäume und Erde haben wir als Spende vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg erhalten, die Töpfe konnten wir über den Förderverein organisieren. Bereits im Winter dieses Schuljahres adoptierten wir mit den 12 Schülerinnen und Schülern unserer Klima AG so die Weißtanne „Tannelore Pieksi“.
Jeder Baum erhält ein „Baumtagebuch“, das von den Klassen geführt wird. Hier wird durch Fotos und Messungen (Höhe, Triebe, Durchmesser, Farbe, etc.) das Wachstum des Baums festgehalten. Als der Baum nach einem langen „Winterschlaf“ in diesem Frühjahr neu ausgetrieben hat, war die große Freude unter der „Adoptivklasse“ ein klares Zeichen, dass die Kinder und Jugendlichen bereits nach wenigen Monaten eine Beziehung zu „ihrer“ Tannelore aufgebaut hatten.
Um dieses Erlebnis auch für den Rest der Schulgemeinschaft erfahrbar zu machen, kann das Baumtagebuch über einen QR- Code abgerufen werden. Neben des Tagebuchs können auch andere Inhalte über QR-Codes abgerufen werden. So erstellte die AG Digitales mit der Hilfe von KI Lieder und kurze Hörtexte. Die bisher umgesetzten Lieder, Tagebücher und Hörtexte (Wie fühlt sich eine Tanne im Klimawandel?) sind auch über unsere Homepage einsehbar.
Themen, über die der jeweilige Baum spricht, werden altersgemäß von uns erarbeitet. Mögliche Themen sind zum Beispiel der Baum als Ökosystem, das Ökosystem Wald oder auch die Frage, wie Bäume migrieren.
In diesem Jahr werden sich die Schülerinnen und Schüler in der Projektwoche beispielsweise mit einer digitalen Schnitzeljagd (Actionbound) zum Thema Wald beschäftigen.
Im Video bekommt ihr einen kleinen Einblick in das Projekt:

Ausblick
Nach etwa zehn bis 15 Jahren werden die Bäume zu groß für ihre Töpfe sein und sollen dann auf unserem Schulgelände und im Stadtwald Gersthofen gepflanzt werden. Wir haben das Glück, dass wir uns das Gelände des Schulzentrums mit dem Gymnasium und der Mittelschule der Stadt Gersthofen teilen. Langfristig wollen wir nämlich die anderen Schulen in unser Projekt einbeziehen und die Bäume von allen Schülerinnen und Schülern der Schulen betreuen lassen. So wollen wir eine abwechslungsreiche Kommunikationssituation unter Einbezug unseres kleinen Zukunftswaldes herstellen. Auch unsere Gemeinde profitiert, da unsere QR-Codes öffentlich zugänglich sind. So können die Jugendlichen auch mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Gersthofen in Kontakt treten.
Langfristig haben wir die Vision eines Zukunftswaldes in unmittelbarer Nähe der Schulen, der aktiv im Unterricht einbezogen wird und den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt hilft, ein besseres Verständnis für die Natur zu entwickeln.

Philipp Drüssler
Herr Drüssler unterrichtet an der Franziskus Schule Gersthofen. Zusammen mit Verena Hochhauser und Regine Scheyer bringt er mit dem Projekt „Sprechende Bäume“ den Wald an das Sonderpädagogische Förderzentrum.

Regine Scheyer
Frau Scheyer unterrichtet an der Franziskus Schule Gersthofen. Zusammen mit Verena Hochhauser und Philipp Drüssler bringt sie mit dem Projekt „Sprechende Bäume“ den Wald an das Sonderpädagogische Förderzentrum.

Verena Hochhauser
Frau Hochhauser unterrichtet an der Franziskus Schule Gersthofen. Zusammen mit Philipp Drüssler und Regine Scheyer bringt sie mit dem Projekt „Sprechende Bäume“ den Wald an das Sonderpädagogische Förderzentrum.