Digitale Kommunikation zwischen Lehrkräften, Eltern und Schüler:innenDie 24/7-Erreichbarkeit: Fluch oder Segen?

Huch, eine Nachricht von einem Schüler. Geht doch schnell, oder? 21:00 Uhr. Die Zeit zum Antworten kostet mich eine Minute. Versendet. 21:02 Uhr. Aber, Moment mal, war meine Antwort korrekt oder hätte ich sie überprüfen müssen? Ich überdenke. 21:10 Uhr. Mist, ich schaue lieber nochmal nach. Unterlagen abchecken. 21:20 Uhr. Im Hintergrund läuft der Film „Top Gun“. Okay, ich habe eine falsche Info herausgegeben. Schnell revidieren. 21:25 Uhr. Ich habe vergessen, den Film zu pausieren. Erstmal zurückspulen. Stress. Da hilft nicht mal Tom Cruise.
 

Guess who´s back. Back again. [Eminem 2002]

Für diejenigen unter euch, die mich vergessen haben (auch wenn das unvorstellbar klingt) oder mich noch nicht kennen: Vorgestellt, Aylin Qasim, ehemals Live-Berichterstatterin zum Thema Digitalisierung aus dem Referendariat. Jetzt angekommen im Münchner Lehreralltag. Die letzten Monate waren ereignisreich und nun habe ich wieder die Zeit und Muße, ein paar meiner Gedanken mit euch zu teilen. Klar, könnten wir jetzt über den aktuellen Dauerbrenner „ChatGPT“ oder digitale Tools im Unterricht sprechen. Aber dieses Mal ich möchte mich einer Herzensangelegenheit widmen:  

Die (digitale) Kommunikation zwischen Eltern, Schüler:innen und ihren Lehrkräften.

Die Art und Weise, wie wir im Schulalltag miteinander kommunizieren, hat sich in den letzten Jahren sehr verändert, vor allem seit der Corona-Pandemie und wir sprechen eindeutig zu wenig darüber.

Viele kennen mich als eine „Das Glas ist halbvoll“-Person, deswegen starte ich mit den Vorteilen. Mit der Digitalisierung haben wir die problemlose Erreichbarkeit auf mehreren Kommunikationsebenen geschaffen. Der Zugewinn ist enorm. Kleinere Anliegen oder Anfragen können schnell beantwortet werden, Informationen an Eltern erfolgen zügiger, auch spontane Aktionen können geplant werden. Schnell und spontan. Das ist nicht nur eine Alliteration, sondern auch der Knackpunkt.

Ist es ideal, ständig erreichbar zu sein?

Ich hatte in den letzten Jahren oft einen „WhatsApp-Vibe“, wenn es um die Kommunikation mit Eltern oder Schüler:innen ging. Kurznachrichten, Screenshots, kaum Höflichkeitsfloskeln. Der Inhalt meist kurz und prägnant – auf drei Sätze komprimiert. Und bitte nicht falsch verstehen, meine Gedanken hier sollen kein „Bashing“ gegen meine Schüler:innen und ihre Eltern sein. Ich ertappe auch mich oft dabei, auf diesen Zug aufzuspringen, wenn es mal wieder schnell gehen muss. Auch im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen wird das Thema immer wieder diskutiert und jeder handhabt es anders. Das ist auch in Ordnung, doch …

Ein Haufen Fragen

Es stellt sich die Frage, wie man die Kommunikation zwischen Lehrkräften, Schüler:innen und Eltern regulieren könnte. Welches Ziel verfolgen wir mit unseren Nachrichten? Können manche Dinge warten oder ist es wirklich so eilig? Sollten sensible Themen vielleicht doch persönlich in der Sprechstunde besprochen werden? Und das ewig leidige Thema, wenn auch wichtig: Kommunizieren wir unter Berücksichtigung des Datenschutzes?

Ein Haufen Antworten

In meiner Familie haben alle das unglaubliche Talent, weise und hilfreiche Ratschläge an Andere weiterzugeben. Dieses Talent habe ich nicht geerbt. Aber meine Praxiserfahrung hilft mir, ungefragt Ratschläge an Dritte zu verteilen. Und genau das mache ich jetzt zum Thema: Nachricht an eine Lehrkraft außerhalb der Arbeitszeit versenden  – Ja oder Nein? Heute mal in Form eines Baumdiagramms (für die faulen Leser:innen unter euch): 

© Aylin QasimDas Diagramm soll euch dabei helfen, zu entscheiden, wann ihr eine Nachricht (z. B. an eure Lehrkraft) verschicken solltet.

Okay, ein wenig Erläuterung ist sicherlich notwendig:

Einige könnten nun auf mich zukommen und fragen, wieso ich Nachrichten, die mich außerhalb meiner Arbeitszeit erreichen, überhaupt erst öffne und beantworte. Erstens, bin ich eine neugierige Person und zweitens = erstens.

Sobald ich die Nachricht gelesen habe, schwirrt sie in meinen Kopf. Klar, kann man sich an die eigene Nase fassen und das Medienverhalten reflektieren, aber ich spreche hier in Namen von sehr vielen Kolleginnen und Kollegen, die es ähnlich handhaben und vielleicht hilft ein regulierter Umgang von allen Seiten, um es gar nicht so weit kommen zu lassen. Denn wie schön wäre es, „Top Gun“ (*Hust* – Tom Cruise) ohne irgendeine Art von Unterbrechung zu schauen? ;)

Aylin Qasim

Aylin Qasim

Aylin Qasim unterrichtet Deutsch und Geschichte an einer Münchner Realschule und berichtet regelmäßig über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dem Lehrerinnenalltag.

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