LehrkräftegewinnungZukunft prägen. Lehrer/-in werden … ob das eine gute Idee ist?
Da haben wir sie: eine provokante Überschrift. Und ich eure Aufmerksamkeit. Keine Sorge, das ist keine Falle. Vielleicht seid ihr ja schon einmal über ein Plakat mit dieser Überschrift gestolpert (also ohne das „ … ob das eine gute Idee ist?“). Nein? Kein Problem, dafür bin ich ja da. Heute werde ich euch nämlich etwas über das Projekt „VOR ORT Zukunft prägen. Lehrer/-in werden!“ erzählen. Es ergänzt die Lehrergewinnungs-Kampagne „Zukunft prägen. Lehrer/-in werden!“ des bayerischen Kultusministeriums und zielt darauf ab, Schülerinnen und Schüler umfassend über das Berufsbild „Lehrer/-in“ zu informieren.
Worum geht es bei dem Projekt „VOR ORT“?
Mit „VOR ORT“ sollen Abiturientinnen und Abiturienten der FOSBOS, Gymnasien und Berufskollegs in Bayern zu einem Lehramtsstudium motiviert werden, um dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken. Dafür wurden Lehrkräfte (unter anderem auch meine Wenigkeit) geschult, um direkt an die Schulen zu gehen, den eigenen Beruf vorzustellen und darüber zu informieren.
Solltet ihr jetzt wissen wollen, wie die Einstellungsaussichten als Lehrkraft für die einzelnen Schularten aussehen, dann schaut euch doch mal den Chancen-Rechner auf www.zukunftprägen.bayern an. Wer es etwas ausführlicher mag, dem kann ich auch die Bayerische Lehrerbedarfsprognose empfehlen.
Die meisten von euch kennen mich als Minimalistin. Die 41 Seiten Lehrebedarfsprognose werde ich dementsprechend nicht auf 10 Seiten runterbrechen und zeige euch deswegen „nur“ folgende (übersichtliche sowie informative) Grafik:
Wow! Das sieht doch echt rosig aus und hier kommt auch kein Plot-Twist. Der Lehrkräftemangel existiert und er wird erheblich. Deshalb werden auch so viele Maßnahmen ergriffen, um künftige Lehrerinnen und Lehrer „anzuwerben“. Ich nutze das Wort im Rahmen meiner Tätigkeit häufiger und muss jedes Mal schmunzeln, weil ich den Begriff Anwerbung immer mit wirtschaftlichen Konzernen in Verbindung bringe, welche einen BWL-Justus anwerben, um eine Abteilung zu leiten (An der Stelle: ich habe nichts gegen BWL oder Menschen mit dem Namen Justus. Ihr könnt die Fackeln wieder einpacken. Danke.).
Wie sieht unser Team aus?
Unser Team (wir sind wie die Marvel-Avengers, nur auf Wish bestellt) besteht aus fünf motivierten Personen und jede bzw. jeder von uns repräsentiert eine Schulart. Obwohl jedes Teammitglied für seine bzw. ihre Schulart Lehrkräfte anwerben möchte, besteht die Besonderheit unserer Gruppe darin, dass wir eng zusammen und nicht gegeneinander arbeiten (im Gegensatz zu den Avengers – ok, ich höre ja schon auf). Uns geht es in erster Linie um das ehrliche (!) Informieren über den Beruf der Lehrkraft und den Austausch mit den Schülerinnen und Schülern. Und es funktioniert super. Wir gehen von Gymnasien zu FOSBOS und zu Berufskollegs, referieren dort knapp eine Stunde, beantworten Fragen, machen Schnupperpraktika aus und bitten eindringlich um das Ausfüllen des Feedback-Bogens des Kultusministeriums (der mir persönlich etwas zu ausufernd ist – ich weiß liebes KM, das ist passiv-aggressives Feedback, bitte veröffentlicht meinen Beitrag trotzdem).
Fragen über Fragen
Im Rahmen der Berufsvorstellung werden uns viele Fragen gestellt, die sich nicht immer so leicht beantworten lassen. Oft ist die Antwort nämlich von individuellen Faktoren abhängig. Bisher hat uns aber das Feedback erreicht, dass wir sehr authentisch agieren und einige Schülerinnen und Schüler haben sich auch schon für ein Schnupperpraktikum angemeldet. Welche Schulart jemandem am meisten zusagt, wird die Zeit und Erfahrung zeigen. Mit dem Praktikum bieten wir eine erste gute Möglichkeit, bereits vor (!) dem Studium einen Einblick in die Praxis zu bekommen. Ich persönlich denke, dass dies bei der Entscheidungsfindung eine wirklich wichtige Rolle spielt.
Welche Eigenschaften solltet ihr für den Lehrerberuf mitbringen?
- 1 Empathie: Lehrkräfte arbeiten täglich mit Schülerinnen und Schülern verschiedenster Hintergründe und Bedürfnisse. Empathie hilft dabei, sich in die Lage der Lernenden zu versetzen und ein unterstützendes Lernumfeld zu schaffen.
Empathisches Handeln kann natürlich besonders dann herausfordernd werden, wenn euch vier Schülerinnen und Schüler gleichzeitig erklären, dass sie alle (unabhängig voneinander) zu spät sind, weil sie einer hilflosen Omi über die Straße geholfen haben. Diese Straße würde ich gerne mal sehen. Oder diese Omi. Oder diese Hilfsbereitschaft. Aber das nur am Rande. - 2 Soziale Kompetenz: Diese ist notwendig, um effektiv mit Schülerinnen und Schülern, Eltern und dem Kollegium zu kommunizieren und positive Beziehungen aufzubauen. Ich selbst hatte bereits viele schöne Begegnungen mit Eltern, doch am meisten berührt mich immer wieder die Aussage, dass sie mich selbst gerne als Lehrkraft gehabt hätten (Ah, wenn sie wüssten …).
- 3 Geduld und Ausdauer: Geduld ist entscheidend, um jeder Schülerin und jedem Schüler individuell gerecht zu werden und Lernprozesse positiv zu begleiten. Ausdauer hilft dabei, auch bei Rückschlägen motiviert zu bleiben und Lösungen zu finden. Geduld und Ausdauer benötigt man aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen – v. a. in der Woche vor Weihnachten. Ich lass das mal unkommentiert stehen.
Die oben genannten „Mitbringsel“ sind Eigenschaften, die für den Beruf wichtig sind und vieles von vornherein erleichtern. Denkt aber bitte immer daran: Ihr werdet nicht über Nacht zu einer guten Lehrkraft. Ihr wachst langsam in den Beruf hinein, übersteht Hürden, erlebt Freuden und werdet dadurch von Tag zu Tag selbstsicherer in euren Entscheidungen.
Aber, um es nochmal aufzugreifen: Lehrer/-in werden – ist das wirklich eine gute Idee?
Unbedingt! Solange ihr nicht blind in dieses Studium stolpert. Beachtet folgende Punkte, bevor ihr euch für ein Lehramtsstudium entscheidet:
- Beratungsnetzwerk Lehrerberuf in Bayern
Beim Beratungsnetzwerk des bayerischen Kultusministeriums bekommt ihr eine erste persönliche Beratung. Stellt alle Fragen, die euch beschäftigen und macht euch einen ersten Eindruck, z. B. über den Ablauf des Studiums.
- Zukunft prägen. Lehrer/-in werden!
Informiert euch auf der Webseite www.zukunftprägen.bayern. Dort findet ihr Informationen zu den Einstellungsaussichten, zu eurem voraussichtlichen Verdienst sowie eine hervorragende Zusammenfassung der Argumente, die klar für diesen Berufsweg sprechen.
- Schnupperpraktikum
Bevor ihr eine endgültige Entscheidung trefft, ist es ratsam zu überlegen, welche Schulform am besten zu euch passt. Deshalb empfehle ich euch dringend, an mindestens zwei Schulen ein Schnupperpraktikum zu absolvieren, um einen realistischen Einblick zu erhalten. Als erste Anlaufstelle für dein Schnupperpraktikum findet ihr nachfolgend die Kontaktdaten meiner Teamkollegen und von mir:
Simon Beck (Mittelschule) - Mittelschule Lehrer-Wirth-Straße: si.beck@hslw.muenchen.musin.de
Franziska Pippig (Förderschule) - SFZ München West: Franziska.pippig@sfz-west.muenchen.musin.de
Anja Knarr (Berufsschule) - Adolf-Kolping-Berufsschule: Anja.Knarr@akb-muenchen.de
Aylin Qasim (Realschule) - Joseph-von-Fraunhofer Schule: aylin.qasim@schule.bayern.de
Anna Schmitt (Gymnasium) - Karlsgymnasium Pasing: anna.schmitt@kpg.muenchen.musin.de
Viele meiner Kolleginnen und Kollegen, der Freistaat Bayern und ich wären natürlich sehr froh, wenn ihr euch für das Lehramtsstudium entscheidet. Nehmt euch die Zeit, nutzt die Beratungsmöglichkeiten und schaut gerne auch bei mir an der Realschule in einem Schnupperpraktikum vorbei. Dann habt ihr zumindest die Gelegenheit, einen echten Star zu treffen (Ja, ich habe meine Haare hollywoodmäßig zurückgeworfen, als ich das geschrieben habe).
Zum Abschluss erzähle ich euch noch die inspirierende Geschichte, wieso ich Lehrerin für die Realschule geworden bin. Eine Geschichte, die nicht nur aufzeigt, wie ich Realschullehrerin wurde, sondern die auch eine Lektion in Sachen Selbstfindung und Bestimmung birgt. Die Wahl meines Weges war stark von einer entscheidenden Hürde geprägt: Für das Fach Geschichte für das Lehramt am Gymnasium hätte ich das Latinum gebraucht. End of Story.
Aylin Qasim
Aylin Qasim unterrichtet Deutsch und Geschichte an einer Münchner Realschule und berichtet regelmäßig über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dem Lehrerinnenalltag.