BarrierefreiheitEin Eichstätt-Stadtführer für Menschen mit Behinderung
Im Jahr 2006 wurde die sogenannte „Behindertenrechtskonvention“ von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York verabschiedet und 2008 in Kraft gesetzt. Ziel war es, Menschen mit Behinderung die volle Teilhabe am öffentlichen Leben zu gewährleisten. Mit der Ratifizierung durch Deutschland ist diese Konvention seit 2009 rechtlich verbindlich und nimmt den Rang eines Bundesgesetzes ein. Bis in die Kommunen wurde nun die Aufgabe, Barrierefreiheit zu gewährleisten, getragen.
Im Jahre 2013 gab die Staatsregierung das Ziel vor, Bayern bis 2023 im öffentlichen Bereich barrierefrei zu gestalten. Auch wenn dieses Ziel nicht zu hundert Prozent umgesetzt werden konnte, so gab und gibt es doch zahlreiche Baumaßnahmen und Projekte, die die Teilhabe aller Menschen am öffentlichen Leben ermöglichen sollen, so auch der barrierefreie Eichstätt-Stadtführer, den das P-Seminar Deutsch des Gabrieli-Gymnasiums Eichstätt in Zusammenarbeit mit der Stadt Eichstätt und der Caritas im Schuljahr 2022/2023 erstellt hat.
Von der Idee zum Projekt
Insgesamt 15 Schülerinnen fanden sich zu Beginn des Schuljahres 2022/2023 ein und beschäftigten sich intensiv mit der Frage, wie man einen behindertengerechten Stadtführer für Eichstätt gestalten kann. In Zusammenarbeit mit der Caritas Eichstätt wurde dieses Projekt, das sowohl den Bedürfnissen von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, mit Sinnesbehinderungen als auch kognitiven Einschränkungen entgegenkommt, realisiert.
Zu Beginn des Schuljahres fand zunächst ein einführendes Treffen mit Frau Katrin Wintergerst (Caritas Eichstätt) und Frau Bamberger (Caritas-Zentrum St. Vinzenz in Ingolstadt) statt.
Wesentlicher Bestandteil dieses Zusammentreffens war eine Einführung in die Leichte Sprache.
Im Laufe des Jahres verfassten die Schülerinnen in Kleingruppen nicht nur die Texte zu den Sehenswürdigkeiten oder weiteren Kategorien wie Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Parkmöglichkeiten und Freizeitmöglichkeiten, sondern passten diese Texte auch für die besonderen Bedürfnisse der Menschen mit Beeinträchtigungen an. So wurden alle Texte in die Leichte Sprache übertragen.
Darüber hinaus wurden den einzelnen Texten Piktogramme als Orientierungshilfen zugeordnet. Hier eine kleine Auswahl:
Für sehbehinderte Menschen wurden zudem Bildbeschreibungen und die Texte zu den Sehenswürdigkeiten als Hörtexte eingelesen. Dies geschah mittels eines mobilen Aufnahmestudios, das Herr Ralph Wein mit seinem Sohn Jakob in verschiedenen Räumen des Gabrieli-Gymnasiums aufbaute.
Gestaltung im Namen der Integration
Vor jedem Kapitel der beiden Stadtführer befindet sich ein Foto in Großaufnahme, das einen Menschen mit Behinderung und mindestens eine Schülerin des P-Seminars zeigt. Sämtliche Zeichnungen auf der Vorder- und Rückseite der beiden Stadtführer wurden von Menschen mit Behinderungen gezeichnet und zu einer Kollage zusammengestellt.
Im Herbst besuchten uns am Gymnasium eine Frau mit Sehbehinderung, eine Mitarbeiterin der Servicestelle für Hörgeschädigte und ihre Kollegin sowie eine Frau mit Hörbehinderung und berichteten aus ihren jeweiligen Erfahrungswelten.
Ergebnispräsentation
Am Freitag, den 14. Juli 2023, konnte das P-Seminar seinen Stadtführer in Anwesenheit der Dritten Bürgermeisterin, Frau Edl, und des stellvertretenden Caritasdirektors, Herrn Steppberger, vorstellen.
Die Printversionen des Stadtführers liegen in der Tourist-Information Eichstätt, im Informationszentrum Naturpark Altmühltal (Notre Dame) und bei der Caritas-Geschäftsstelle zum kostenlosen Mitnehmen aus.
Fazit
Das Besondere an diesem P-Seminar war, dass die Schülerinnen mit unglaublicher Offenheit auf Menschen mit Behinderungen zugegangen sind. Für das gesamte P-Seminar war das Schuljahr 2022/2023 eine sehr intensive, arbeitsreiche, aber auch unglaublich erfüllende und gewinnbringende Zeit mit vielen neuen Eindrücken und Erkenntnissen.
Nicole Christoph
Frau Christoph unterrichtet seit 2001 Deutsch, Englisch und Geschichte am Gabrieli-Gymnasium in Eichstätt. Dort ist sie die Beauftragte für Medienschutz und hat in den letzten Jahren einige P-Seminare geleitet. Ein weiteres P-Seminar von ihr (eine Ausstellung über Emilie und Oskar Schindler, in dessen Mittelpunkt Emilie Schindler stand) hat 2018 den 2. Platz des Simon-Snopkowski-Preises der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition erhalten.