WeltfrauentagDas Problem mit der Emanzipation
Heute, am 8. März, ist Weltfrauentag. Seit mehr als 100 Jahren wird an diesem Tag auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam gemacht. Aber wie steht es eigentlich um die Emanzipation? Autorin Smilla hat sich in ihrem Artikel, der erstmalig in der Schülerzeitung „Das Netz“ erschienen ist, ausführlich damit befasst.
Eman·zi·pa·tion, Substantiv, feminin [die]:
1. Befreiung aus einem Zustand der Abhängigkeit; Selbstständigkeit; Gleichstellung
2. Rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung [der Frau mit dem Mann]
Es ist ein ewiges Hin und Her. Die eine Seite spricht vom Gender-Pay-Gap, die andere merkt an, dass statistisch gesehen Frauen einfach weniger arbeiten. Die eine Seite redet von der gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit einer Hausfrau, die andere erzählt von Hausmännern in ihrem privaten Umfeld. Für die einen hängt Deutschland weit hinter westlichen Standards zurück, für andere sind wir der neuste Schrei, up-to-date und in jeder Hinsicht gleichgestellt.
Somit lässt sich schonmal eine Sache über Emanzipation bemerken: Sie ist subjektiv. Jeder nimmt sie anders wahr und legt sich seine Wahrheit dann so aus, wie es ihm gerade passt. Das hat nichts mit „alternativen Fakten“ oder „meinungsbasierten Wahrheiten“ zu tun, das ist einfach (in bestimmten Maßen) ganz natürlich, schließlich kann man nicht von jedem Menschen auf diesem Planeten erwarten, zu jedem Thema zu jeder Zeit vollends informiert zu sein.
Doch was ist jetzt das Problem mit der Emanzipation? Es ist ganz einfach: Frauen versuchen, emanzipiert zu sein, und Männer geben sich größte Mühe, es nicht zu sein.
Und generell möchte niemand, dass sich was ändert, wie das eben so typisch ist. Aber lasst mich erklären:
Frauen möchten jetzt nicht nur wie früher Hausfrau und Mutti sein, die sich um Kinder, Kirche, Küche kümmert, nein, jetzt muss sie auch noch Karriere machen. Nicht nur wird von der Frau jetzt beides erwartet, sie hat diese Ansprüche auch an sich selbst. Was viele nicht verstehen, ist, dass beide Welten nicht (oder zumindest nur unter übermenschlichen Anstrengungen) ohne Einbuße miteinander einhergehen können. Die meisten Frauen, die mit dem Druck der Emanzipation aufgewachsen sind, hatten noch Mütter, die sich 24/7 ihren Kindern widmen konnten, mit zwei warmen Mahlzeiten am Tag, einem geschniegelten Zuhause und einem perfekten Auftreten bei sozialen Veranstaltungen. Das mit einem Vollzeitjob, der auch nach den Bürozeiten noch Aufmerksamkeit wie ein weiteres Kind verlangt (man möchte ja befördert werden, ohne in Verdacht zu geraten, sich hochgeschlafen zu haben), zu vereinbaren, wurde in der Emanzipation, wie sie im Volksmund verstanden wird, nie beachtet.
Doch hey, Haushalt und Beruf sind doch gar kein Problem! Schließlich darf der Mann im Haus frei nach dem Motto „Yes, he can!“ jetzt auch den Besen schwingen und sich mit Babybrei ankotzen lassen. In der Theorie schön und gut, doch leider ist das Problem hier ähnlich: Männer in Zeiten der Emanzipation haben als Kinder von Vorbildern, Eltern und Medien suggeriert bekommen, sie seien die starken, emotional blinden Versorger und haben sich nicht ums Putzen oder Kindererziehen zu kümmern. Die Entscheidung, sich nun nach dieser Erziehung dafür zu entscheiden, alles, was einem von Kindesbeinen an eingeflößt wurde, kontraintuitiv zu ignorieren und sich als Hausmann wiederzufinden, ist eine schwere; die so oft erwähnten Gefühle von Verunsicherung erlangen leider doch oft die Oberhand.
Verbindet man diese sozialen Vorurteile nun mit dem Fakt, dass Frauen nach einer Geburt leider tatsächlich Zeit zu Hause brauchen, um sich von der physischen Hochleistung, die eine Geburt meistens ist, zu erholen, dann ist es nicht unverständlich, dass sich unsere westkapitalistische Gesellschaft vor dem Sozialismus in der DDR so mit Geschlechterrollen aufgebaut hat, wie es nun mal geschehen ist.
Sollten wir es trotzdem ändern? Ja, absolut! Und es wird sich auch bald ganz von alleine ändern.
Dadurch, dass die heutige Jugend nicht mehr nur mit den von den Eltern ausgewählten Rollenbildern aufwächst, sondern sie sich dank des Internets selbst aussuchen kann, welche unrealistischen Standards sie sich für ihr Leben vornimmt, werden wir (hoffentlich) mehr emotional zurückgezogene Frauen mit Bombengehalt, aber dafür ohne Bindung zu ihren Kindern sehen, zusammen mit Hausmännern mit Minderwertigkeitskomplexen und einem perfekt von ihren Frauen portionierten Haushaltsbudget.
Und jetzt noch einmal ohne sarkastischen Unterton: Auch wenn sich jede Generation natürlich für die wichtigste und bedeutendste hält, bin ich der festen Überzeugung, dass wir oder zumindest unsere Kinder endlich so weit sind, Emanzipation nicht nur in der Theorie auf den Plan zu rufen, sondern sie auch im wahrsten Sinne ihres Wortes durchzusetzen:
Gleichstellung und die Befreiung von Abhängigkeit beider Geschlechter.
Die Schülerzeitung „Das Netz“
„Das Netz“, die Online-Schülerzeitung des Hanns-Seidel-Gymnasiums in Hösbach, berichtet multimedial über aktuelle Neuigkeiten aus der Schule und über viele weitere Themen, die Kinder und Jugendliche heutzutage bewegen und beschäftigen. Im Jahr 2023 wurde „Das Netz“ mit dem Schülerzeitungspreis „Die Raute“ der Hanns-Seidel-Stiftung ausgezeichnet.