Individuelle FörderungJedes Kind im Blick behalten
Heterogenität in der Schülerschaft ist zunehmend die Realität im Klassenzimmer geworden. Kinder und Jugendliche unterscheiden sich hinsichtlich ihrer ethnischen, kulturellen und sozialen Herkunft, hinsichtlich ihrer Interessen, ihrer besonderen Begabungen, ihrer Leistungsfähigkeit und hinsichtlich ihres Lern- und Arbeitsverhaltens. Die großen bildungspolitischen Herausforderungen unserer Zeit wie die inklusiven Beschulungsmöglichkeiten, die Beschulung geflüchteter Kinder und Jugendlicher sowie die Coronapandemie haben ebenfalls dazu geführt, dass Leistungsunterschiede in den Klassen zugenommen haben.
Der Umgang mit Vielfalt ist somit zentrales Thema geworden und stellt die Lehrkräfte in ihrer pädagogischen Arbeit und in der Unterrichtsgestaltung vor große Herausforderungen. Wie kann also die Förderung leistungsschwächerer Kinder, aber auch die Förderung der leistungsstärkeren Kinder gut gelingen? Und wie schaffen wir es, diese Heterogenität auch als Chance für jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen Schüler, aber auch für die Gesellschaft und Demokratie zu sehen?
Impulse zur persönlichen Haltung
Klicken Sie sich durch folgende Bildergalerie, in der wir einige Impulse zur Heterogenität und Individualität zusammengestellt haben:
Was aber genau heißt „individuelle Förderung“?
Individuelle Förderung bedeutet, „jeder Schülerin und jedem Schüler die Chance zu geben, ihr bzw. sein motorisches, intellektuelles, emotionales und soziales Potenzial umfassend zu entwickeln und sie bzw. ihn dabei durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen“ (Meyer 2011, S. 97).
Dieser Ansatz nimmt die ganze Person in den Fokus.
Hierfür braucht es aber auch eine Lern- und Arbeitsatmosphäre sowie eine Lernumgebung, die begabungsfördernd und -fordernd gestaltet wird.
Neben der Entfaltung von Potenzialen dient individuelle Förderung im schulischen Kontext zudem dazu, Benachteiligungen zu vermeiden oder diese rechtzeitig abzubauen.
- Nähere Ausführungen und Gedanken dazu:
https://library.fes.de/pdf-files/studienfoerderung/13277.pdf
https://library.fes.de/pdf-files/studienfoerderung/10650.pdf
https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2009/2009_12_12-Begabungsgerechte-Foerderung.pdf
https://www.foerdern-individuell.bayern.de/
https://www.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/individuelle-foerderung.html
https://www.oezbf.at/wp-content/uploads/2017/03/Methodenskript_Neuauflage_WEB.pdf
Feststellen der Lernausgangslage
Im gesamten Prozess spielen für die individuelle Förderung Lernstandserhebungen in allen Entwicklungsbereichen eine wichtige Rolle.
Nur wenn die Lehrkraft sich mit Hilfe formeller und informeller Diagnostik ein Bild von der Lernausgangslage der einzelnen Schülerin bzw. des einzelnen Schülers macht, können individuell zugeschnittene und passgenaue Lernangebote bereitgestellt werden.
Für die Lernstands- und Verlaufsdiagnostik bieten sich neben standardisierten und informellen Testverfahren und Screenings auch noch Beobachtungen, Soziogramme, Satzergänzungsbögen (z. B. zur emotionalen Befindlichkeit) sowie Einzelgespräche mit dem Schüler bzw. der Schülerin und Elterngespräche an.
So gelingt es, das Kind ganzheitlich in den Blick zu nehmen.
Gestaltung des Unterrichts
Im Folgenden stellen wir Ihnen einige methodische Ideen und Tätigkeitsfelder für individuelle Förderung vor. Klicken Sie sich einfach durch die Bildergalerie, darunter finden Sie jeweils Erläuterungen und weiterführende Links.
Öffnung des Unterrichts
Um den Schülerinnen und Schülern mit all ihren individuellen Begabungen und Förderbedarfen gerecht werden zu können, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Lehrkraft in vielen Phasen ihren Unterricht öffnet und das Lernangebot individualisiert.
Dazu eigenen sich natürlich die klassischen Methoden wie Stationentraining, Wochenplan, Lerntheke, Freiarbeit und individuelle Differenzierung in Übungsphasen.
Im Folgenden sollen zusätzliche Methoden, Anregungen zur Sprach- und Leseförderung, individuelle Angebote zum Aufbau der emotionalen und sozialen Kompetenz sowie Möglichkeiten der Kooperation vorgestellt werden.
Link: https://www.isb.bayern.de/schularten/foerderschulen/lernen/individualisiertes-lernen/
Lernleitern
Lernleitern sind Bestandteil der MultiGradeMultiLevel-Methodology (MGML) und dienen dabei als Methode zur Strukturierung individueller Lernprozesse, die von den einzelnen Schülerinnen und Schülern eigenständig gesteuert werden. Je nach Umfang können in einer Lernleiter einzelne Unterrichtssequenzen aufbereitet oder die Lehrplaninhalte eines ganzen Schuljahres dargestellt sein. Eine Lernleiter ist in der Regel unterteilt in Milestones. Diese Milestones sind kleinschrittige Lernsequenzen, die in 5 Phasen aufgeteilt sind:
• Einführung und Erarbeitung (introduction)
• Übung bzw. Anwendung (reinforcement)
• Evaluation (evaluation)
• Förderung (remedial)
• Ausweitung (enrichment)
Der Lernerfolg und die Lernentwicklung wird für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern durch das Voranschreiten in der Lernleiter und die Bearbeitung von Evaluationsaufgaben im Rahmen der Milestones sichtbar und dokumentiert. Wann die Schülerinnen und Schüler diese Evaluationsaufgaben (Lernzielkontrollen) bearbeiten, entscheiden sie im Laufe des Lernprozesses individuell.
Link: https://www.lernleitern-ins-leben.de/lernen-mit-lernleitern/
Lernpfad
Lernpfade sind eine strukturierte Darbietung von Arbeitsaufträgen zu einem bestimmten Unterrichtsinhalt, die Schülerinnen und Schüler selbstständig und eigenverantwortlich bearbeiten. Es wird dabei viel Wert auf Selbstkontrolle des eigenen Lernstandes gelegt, weshalb unterschiedliche Feedbackmethoden in die Gestaltung des Lernpfades integriert werden.
Rückschauend spiegelt der individuell gewählte Lernpfad den Prozess wider, den die Schülerin oder der Schüler bei der Auseinandersetzung mit dem dargebotenen Lernangeboten durchlaufen und wie sie oder er sein gestecktes Ziel erreicht hat.
Links:
https://juergen-roth.de/lernpfade/
https://deutsches-schulportal.de/konzepte/lernweg-lernprozesse-erkennen-und-selbst-gestalten/
https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/schule/grundschulportal/publikationen_grundschule/Individuelle_Lernwege_2013.pdf
Lernlandkarten
Lernlandkarten stellen ein Möglichkeit dar, individualisierte Lernpfade in graphischer Form mit einem Hintergrundbild darzustellen.
Sie ermöglichen der Lehrkraft die Vorstrukturierung des Lerninhaltes und geben einen Überblick über die zu erwerbenden Kompetenzen. Damit bilden sie die Grundlage für die Unterrichts- und Lernplanung sowie die Auswahl der Lernmaterialien.
Den Schülerinnen und Schülern bieten sie die Möglichkeit den eigenen Weg durch den Lerninhalt zu wählen und ihren Kenntnisstand selbst zu reflektieren.
Quelle:
Stangl, W. (2023, 10. Juni)
https://lexikon.stangl.eu/17120/lernlandkarte
Links:
https://mebis.bycs.de/beitrag/lernlandkarten
https://www.lehrplanplus.bayern.de/sixcms/media.php/71/End_Lernlandkarte%20Kalender.pdf
https://unterrichten.digital/2022/12/05/lernlandkarten-unterricht-methode-teil1/
Die Differenzierungsmatrix
Mit Hilfe einer Differenzierungsmatrix wird ein Unterrichtsthema hinsichtlich seiner thematischen und kognitiven Komplexität durchdacht. Die verschiedenen Komplexitätsgrade ermöglichen dann ein differenziertes Angebot für die gesamte Lerngruppe, sodass nicht alle Aufgabe von jeder Schülerin oder jedem Schüler bearbeitet werden.
Im Optimalfall geschieht diese Planung im Team und
bezieht so auch die Heterogenität der Lehrenden mit ein.
Quelle:
Sasse, Ada/Schulzeck, Ursula (2021): Inklusiven Unterricht planen, gestalten und reflektieren: Die Differenzierungsmatrix in Theorie und Praxis.
Ateliertag
An einem Ateliertag wird die Klasseneinteilung für einen Tag aufgehoben und der stundenplanmäßige Unterricht aufgelöst. Jede Lehrerin und jeder Lehrer wählt nach persönlichen Neigungen und Begabungen das Thema des Ateliers (Workshops). Jedes Kind darf frei nach seinen Interessen ein Angebot wählen. Dadurch bilden sich Gruppen mit gleichem Interesse unabhängig von Alter und Klasse.
Ateliertage durchbrechen den Alltag, aktivieren die Schülerinnen und Schüler und sind ein guter Anlass Begabungen zu entdecken und zu vertiefen.
Da diese Methode sowohl die Begabungen und Interessen der Schülerschaft als auch der Lehrkräfte berücksichtigt, wird die Motivation aller gefördert.
Quelle:
Wagreich, U.: Atelierunterricht – ein Weg zum Entdecken von Schülerbegabungen. In: R&E-SOURCE Open Online Journal for Research and Education, Ausgabe 9, April 2018, ISSN: 2313-1640
https://journal.ph-noe.ac.at/index.php/resource/search/search?query=Ateliertag&authors=&dateFromYear=&dateFromMonth=&dateFromDay=&dateToYear=&dateToMonth=&dateToDay
Drehtürmodell
Beim Drehtürmodell verlassen einzelne Schülerinnen und Schüler den regulären Unterricht, um andere Lernangebote zu nutzen. Wird Unterrichtsstoff versäumt, holen die betreffenden Schülerinnen und Schüler diesen selbstverantwortlich alleine oder mit Unterstützung nach.
Sie besuchen beispielweise
- den Unterricht in einem Fach einer anderen Jahrgangsstufe,
- den Unterricht in einer parallelgeschalteten Lerngruppe ihrer eigenen Jahrgangsstufe, um ihren Kenntnisstand zu vertiefen oder sich mit anderen Themen auseinanderzusetzen oder
- einer zusätzlich eingerichteten Lerngruppe, die sich mit speziellen Projekten befasst.
Wie Begabtenförderung im Drehtür-Modell funktionieren kann, haben wir in diesem Blogbeitrag vorgestellt.
Neben diesem analogen Angebot während des Unterrichts an den Schulen gibt es auch ein länderübergreifendes, unterrichtsergänzendes Bildungsangebot: Die Digitale Drehtür
Tic Tac Toe
Bei dieser Methode orientiert man sich an dem gleichnamigen Spiel: Jedes Feld wird einem der neun Intelligenzbereiche nach Howard Gardner zugewiesen und mit einer passenden Aufgabe zu einem übergeordneten Thema befüllt.
Die Schülerinnen und Schüler erhalten den Spielplan und können nun Aufgaben wählen, die ihren Interessen entsprechen.
Es sind mindestens drei Aufgaben verpflichtend zu bearbeiten, die wie beim Spiel eine senkrechte, waagrechte oder diagonale Reihe bilden.
Ist dies erfüllt, können freiwillig weitere Aufgaben gelöst werden. Da die Aufgaben unterschiedliche Begabungen ansprechen, gelingt es, die Schülerinnen und Schüler individuell und vielseitig zu fördern und fordern.
Links:
http://www.begabungsförderung.com/sites/default/files/documents/multiple_intelligenzen_tic_tac_toe_beispiele.pdf
http://www.begabungsfoerderung.ch/pdf/tagungen/unterlagen_12/WS2_Bruehlberg/9%20Intelligenzen%20Garndners.pdf
Sprachförderung
Sprachkompetenz gilt als wichtiger Faktor für den Erfolg in den Bereichen Schule und Beruf, weshalb Förderung bildungssprachlicher Kompetenzen ein durchgängiges Unterrichtsprinzip ist und somit in allen Fächern, Lernbereichen und Lernfeldern stattfinden soll.
Neben den Methoden, die zur Sprachförderung eingesetzt werden können, ist die Lehrperson als Sprachvorbild von großer Bedeutung und kann durch den bewussten Einsatz der unterschiedlichen sprachlichen Instrumente förderwirksam sein.
Bereits in der Kindertagesstätte, aber auch in der Weiterführung im ersten Grundschuljahr sind Fördermaßnahmen (Vorkurs Deutsch 240, Kooperative Sprachförderung) vorgesehen.
Links:
https://www.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/individuelle-foerderung/sprachfoerderung.html
https://www.km.bayern.de/lehrer/unterricht-und-schulleben/integration/sprachfoerderung.html
https://regierung.niederbayern.bayern.de/service/veroeffentlichungen/sonstige_publikationen/index.html
(Beratung Aktuell 17, S. 8 ff.)
https://www.biss-sprachbildung.de/
Leseförderung
Lesen gilt als Schlüsselkompetenz und ist eine wichtige Voraussetzung für schulischen und beruflichen Erfolg wie auch gesellschaftliche Teilhabe. Die schülerbezogene Förderung der Lesekompetenz steigert die Chancengleichheit und ist ein Unterrichtsthema für alle Fächer.
Systematische Leseförderung nutzt zur Erhebung der Lernausgangslage und dem Lernverlauf diagnostische Verfahren. So können passgenaue Förderansätze in den Bereichen Lesefertigkeit und Leseverständnis festgelegt und überprüft werden.
Diese Förderung wird bestenfalls noch um Angebote erweitert, die die Lesemotivation der Schülerschaft steigern.
Links:
https://www.km.bayern.de/ministerium/schule-und-ausbildung/foerderung/lesefoerderung.html
https://www.lesen.bayern.de
https://filby.alp.dillingen.de/
https://www.biss-sprachbildung.de/
http://www.josefleisen.de
https://www.beate-lessmann.de/lesen.html
Förderung der emotionalen und sozialen Kompetenz
Gerade durch die pandemiebedingten Schulschließungen hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, Schülerinnen und Schüler in der Entwicklung ihrer sozialen und emotionalen Kompetenz zu unterstützen. Schule bietet auf mehreren Ebenen die Möglichkeit der Förderung.
Maßnahmen können sowohl an der Schule, in der Klasse oder auch konkret am Lernenden ansetzen. Ebenso gibt es übergreifende Projekte, die alle drei Ebenen einbeziehen.
Aber auch der Unterricht selbst bietet Chancen. Alle Aspekte des Classroom-Managements dienen zur Förderung dieser Kompetenzen.
Links:
https://www.brueckenbauen.bayern.de/soziale-und-emotionale-kompetenzen-staerken/
https://www.isb.bayern.de/fileadmin/user_upload/Foerderschulen/Erziehung_konkret/Heft_03/erziehungkonkret_3_text_ganz.pdf
https://deutsch-lernen.zum.de/wiki/Kooperatives_Lernen
https://ichschaffs.de/
https://www.ifte.at/jedeskindstaerken
https://www.km.bayern.de/lehrer/erziehung-und-bildung/kompass.html
Innerschulische Kooperation
In Zusammenarbeit mit allen Beteiligten im innerschulischen Unterstützernetzwerk bieten sich zahlreiche Möglichkeiten miteinander und voneinander zu lernen und der Heterogenität der Schülerschaft so besser begegnen zu können:
• Kollegiale Hospitation
• Gemeinsame Elterngespräche
• Gemeinsame Förderplanung
• Feedbackkultur
• Fallbesprechungen
• Kollegiale Fallberatung
• Supervision
• Co-Teaching
Neben den Kolleginnen und Kollegen an der Schule sind Fachkräfte aus dem Bereich der Staatlichen Schulberatung, die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste (MSD), die Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen und die Jugendsozialarbeit an Schulen wichtige Unterstützer
Co-Teaching
Das Co-Teaching ist eine Unterrichtsform bzw. kooperative Lehrmethode, bei der zwei oder mehr Lehrkräfte in verschiedenen Organisationsformen gemeinsam für die Planung, Durchführung, Organisation, Bewertung und Evaluation des Unterrichts zuständig sind. Der Einsatz, die Aufgabe und der Grad der Beteiligung der zweiten Lehrkraft variiert je nach Modell, Zielsetzung oder Qualifikation (Kollegin/Kollege, Förderlehrerin/Förderlehrer, MSD, HPU).
Quelle: o. A. (2011): Co-Teaching Handbook. Utah
Links:
https://regierung.niederbayern.bayern.de/service/veroeffentlichungen/sonstige_publikationen/index.html
(Beratung Aktuell 2-7)
https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/262/248
Video: https://www.youtube.com/watch?v=Xurgvdq3J8s
Zusammenarbeit mit externen Partnern
Außerschulische Kooperationspartner können in vielfältiger Weise zur individuellen Unterstützung beitragen.
Nachfolgende Auflistung zeigt ausgewählte Beispiele möglicher Unterstützer:
• Universitäten und Hochschulen: Kinder-Uni; Frühstudium
• Schülerwettbewerbe
• MINT-Garage: externe Experten, aber auch Lehrkräfte, bieten außerhalb der Unterrichtszeit Workshops zu Themen im MINT-Bereich für Schülerinnen und Schüler an
• Stiftung Kinder forschen (vormals Stiftung Haus der kleinen Forscher): digitale Forscherwelt für Kinder, Fortbildungsangebote und Materialien für den KITA, Hort und Grundschulbereich
• Künstlerinnen und Künstler
• Sportvereine
• Seniorenheime
• Büchereien
• Museen
Links:
https://www.km.bayern.de/lehrer/unterricht-und-schulleben/wettbewerbe.html
https://www.meine-forscherwelt.de/start
Fazit
Damit individuelle Förderung langfristig gelingt und die einzelne Lernkraft nicht in Überforderungssituationen kommt, ist es unserer Erfahrung nach essentiell, sich als Schule gemeinsam auf den Weg zu machen und das Thema in das Schulentwicklungsprogramm aufzunehmen.
Dazu gehört auch die Installation von gegenseitigen Unterstützungsangeboten sowie von inner- und außerschulischen Kooperationen.
Zudem sollten entsprechende Themen und Schwerpunktsetzungen in das Fortbildungskonzept der Schule integriert werden.
Dabei ist es auch wichtig, sich mit dem Thema Leistungsbeurteilung und den damit verbundenen Schwierigkeiten zu befassen und sich neben den üblichen Leistungserhebungen zunehmend für neue Ansätze und Formate zu öffnen und diese weiterzuentwickeln.
- Beispiel aus Niederbayern: Projekt „BegIN“
An „BegIN“ beteiligt sind in der Pilotphase die Regierung von Niederbayern, neun Schulen aus der Region Niederbayern, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Staatlichen Schulberatungsstelle für Niederbayern, der Universität Passau, dem Kompetenzzentrum für Begabungsförderung Niederbayern sowie der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems (KPH). Im Rahmen des Pilotprojektes „BegIN“ haben sich Schulen aus dem Grund-, Mittel- und Förderschulbereich auf den Weg gemacht, um im Rahmen der Schulentwicklung Begabungen beim Kind zu entdecken und zu entfalten. Dabei wird neben dem Einsatz von geeigneten Methoden zur individuellen Förderung auch auf Entwicklung oder Aufrechterhaltung einer positiven Haltung geachtet. Dabei wird der Begabungsbegriff inklusiv gedacht. Sie werden in diesem Prozess von Expertinnen und Experten sowie Schulentwicklungsmoderatorinnen und moderatoren begleitet und auditiert.
Auszug aus dem Pressetext:
„Das Projekt ist in Deutschland einzigartig: Es verbindet Forschung, Lehre und Weiterbildung mit konkreter Schulpraxis, Unterrichtsentwicklung und Beratung zu den Themen Inklusion und Begabungsförderung. Dafür arbeiten am Projekt Menschen aus allen Ebenen des Bildungssystems zusammen: Lehrkräfte, Schulleitungen, Seminarleiter:innen, Seminarrektor:innen, Studierende, Mitarbeiter:innen der Staatlichen Schulberatungsstelle für Niederbayern, Schulpsycholog:innen Vertreter:innen aus der Regierung Niederbayern, dem Kompetenzzentrum für Begabungsförderung Niederbayern und Wissenschaftler:innen der Universität Passau. Und natürlich ist das Projekt auch international angelegt: Eingebunden sind auch Expert:innen aus Österreich.Sie alle eint das gemeinsame Ziel: Wie können wir es schaffen, Begabungsförderung für alle Kinder und Jugendliche an der Regelschule zu ermöglichen und die Entfaltung von Potenzialen als selbstverständlichen Teil des (täglichen) Unterrichts und der Schulentwicklung zu setzen – das ist die inhaltliche Frage. Die strukturelle lautet: Wie müssen dafür Schule, Unterricht und Schulverwaltung zusammenarbeiten, damit begabungsfördernder Unterricht nachhaltig gelingen kann, Lehrkräfte in dieser Arbeit unterstützt werden, Eltern Rat finden, die Schulen ein begabungsförderndes Profil entwickeln und Studierende daraus lernen können? Ein großes Vorhaben, gewiss. Mit BegIN wird diese Idee seit dem Wintersemester 2021 in Niederbayern als Pilotprojekt umgesetzt. 2023 soll es für alle Schulen in Niederbayern geöffnet werden. […]
„BegIN“ – also: Begabungsförderung Inklusive in Niederbayern – bietet für dieses umfassende Vorhaben nicht nur die Begleitung bei der konkreten Schulentwicklung an, sondern unterstützt die Schulteams auch mit punktgenauen Qualifizierungskursen, um Wissen, Kompetenzen und Management für das Vorhaben aufbauen zu können. Jede Schule, die im Laufe einer Entwicklungs- und Umsetzungsphase auf diese Weise ein begabungsförderndes Profil entwickelt hat, erhält am Ende der Projektlaufzeit eine Zertifizierung zur anerkannten „Schule mit Begabungsprofil“. Dieses Zertifikat wird von der niederbayerischen Regierung vergeben und orientiert sich an dem „Wiener Begabungssiegel“, das seit 2008 an österreichischen Schulen erfolgreich eingesetzt und vergeben wird. Das Projekt beschränkt sich in diesem Sinne explizit nicht auf den Bereich der Hochbegabungsdiagnostik und -förderung, sondern dezidiert auf die Entwicklung einer systematischen und diversitätssensiblen Förderkultur an jeder Schule und für jeden Unterricht.“
Claudia Guth, BRin
Claudia Guth ist Grundschullehrerin an der GMS Buch am Erlbach sowie Zentrale Beratungslehrkraft für Grund- und Mittelschulen an der Schulberatungsstelle für Niederbayern.
Hanne Reiter, SKRin
Hanne Reiter ist weitere Konrektorin am SFZ Landshut-Land sowie Zentrale Beratungslehrkraft für Förderschulen an der Schulberatungsstelle für Niederbayern.